Ich möchte hier versuchen, die Begriffe wie „carven“, „kanten“, „driften“ oder „gleiten“ mal ein bisschen voneinander abzugrenzen und die Unterschiede zu erklären.
Es wird oft gefragt welcher Boardtyp denn am besten zum Carven geeignet ist. Andere interessieren sich vor allem für die Drehfreudigkeit des Boards. Grundsätzlich ist es ja so, dass, egal mit welchem Material man unterwegs ist und welcher Fahrstil gefahren wird, man immer mehr oder weniger die Kante seines Snowboards benutzen wird. Man braucht die Kante:
1. um einen stabilen Lauf und halt am Hang zu bekommen
2. um die Fahrtrichtung zu beeinflussen
3. um zu bremsen oder auch
4. um die Geschwindigkeit zu beeinflussen
Im Prinzip bedeutet das englische Wort „carven“ auch nichts anderes als im deutschen: mit "kante fahren", "kante geben", "aufkanten" oder einfach "kanten". Gemeint ist nämlich das einschneiden der (mehr oder weniger steil geschliffenen - scharfen) Metallkante des Snowboards in den Schnee. Trotzdem werden die Begriffe meist getrennt voneinander für bestimmte spezialisierte Fahrtechniken und das dazu passende Material gebraucht.
Am häufigsten werden die Begriffe carven und "kante fahren" im Zusammenhang mit (2.) dem Richtungswechsel - also dem Kurvenfahren – gebraucht. Genau in diesem Punkt unterscheiden sich die (auch namensgebenden) Fahrtechniken, die sich in etwa so differenzieren lassen:
Es gibt im groben zwei verschiedene Arten, mit dem Snowboard eine Kurve (einen Richtungswechsel) zu fahren (abgesehen von bestimmten Tricks, die das auch ermöglichen):
(A) "Der geschnittene Schwung" oder Carvingturn mit einem Raceboard und Carvingboard:
Einmal gibt es den Carvingturn, bei dem schnell und fast ohne Übergang von der einen Kantenseite auf die gegenüberliegende Kante gewechselt wird. Die Richtungsänderung und der Kurvenradius ergeben sich dabei aus der Fliehkraft, der Schräglage des Boards+Fahrers und der Beschaffenheit des Boards. Wobei einerseits der Flex, vor allem aber die Taillierung (sidecut) des Brettes von Bedeutung sind. In diesem Fall wird meistens der Begriff carving (für das extreme ausschließliche Fahren auf der Kante) verwendet. Diese Technik wird vor allem beim schnellen fahren mit Raceboards, oder dem danach benannten Fahren auf speziellen Carvingboards oder Monoskiern angewandt.
Beim Fahren mit Carvingboards, sowie skwal (Monoski mit hintereinander liegenden Bindungen) werden dabei große Schwünge (langer Schweif) in extremer Schräglage gefahren, wobei der Fahrer mit seinem Körper fast parallel zum Boden ausgerichtet sein kann - also fast auf der Piste zu liegen scheint. Darüber hinaus können bei dieser Technik und spezialisiertem Gerät sehr enge Kurvenradien gefahren werden, sodass es möglich ist, auf flacher Strecke ohne viel Platz sogar im Kreis zu fahren. Das Carven beim Raceboard unterscheidet sich dahingehend, dass keine besonders engen und ausschweifenden Kurven, sondern im Gegenteil bei sehr hohen Geschwindigkeiten eher kurze Richtungswechsel, gefahren werden. Der direkte übergangslose Wechsel von einer Boardkante auf die andere reicht gerade aus, um nötige Richtungswechsel und Geschwindigkeitskorrekturen vorzunehmen, ohne dabei zu sehr an Geschwindigkeit zu verlieren. Die Race- und Carvingboards sind aus diesem Grund eher schmal geschnitten, denn erstens wird dadurch der Reibungswiederstand verringert, um höhere Geschwindigkeiten zu erreichen. Andererseits braucht es bei den Turns von der Base her keine besondere Stabilität, weil direkt und schnell von Kante zu Kante gewechselt wird, wobei nicht seitlich gedriftet wird.
Es geht beim carving vor allem um das sehr schnelle oder aber besonders "ausschweifende" Fahren von Kurven und geschnittenen Schwüngen in engen Radien und extremer Schräglage.
(B) Driftschwung (drifting turn) mit Freeride- und Freestyleboard:
Beim fahren mit einem Freeride- oder Freestyleboard wird für die Richtungsänderung, also das Kurvenfahren eine etwas andere Technik angewendet - nämlich der Driftschwung.
Beim Driftschwung wird im allgemeinen das Gewicht des Fahrers auf den vorderen Fuß verlagert und gleichzeitig das gesammte Board flach mit der Unterseite (base) auf die Piste gebracht. Danach wird der hintere Teil des Boards ohne zu kanten flach in die gewünschte Position nachgezogen und erst dann wird vom vorderen fuß aus kante gegeben und mit der Gewichtsverlagerung der kantenhalt auf die gesamte Länge des Brettes verteilt.
Bei dieser Technik wird also nicht direkt schnellst möglich von der einen auf die andere kante gewechselt sondern das Board gleitet beim Richtungswechsel eine zeitlang auf der base und driftet vor allem im hinteren bereich seitlich in Richtung der Fliehkraft. Bei dieser Technik kommt es bei der Richtungsänderung mehr auf die Gewichtsverlagerung und die Bewegungen des Fahrers, als auf die Taillierung und die Kante des Koards, an. Die Fliehkräfte sorgen dabei nicht für die kraft welche die Kante in den Schnee eindringen lässt, sondern für eine Geradeausbewegung die vom Fahrer berücksichtigt und einkalkuliert werden muss. Daraus ergibt sich ein entsprechend anderes Fahrgefühl im Gegensatz zum Carvingturn. Auch aus diesem grund sind Freeride- und Freestyleboards breiter geschnitten, weil die größere Auflagefläche in solchen Situationen, wie zum Beispiel dem Driftschwung mehr Stabilität verleiht und es bei diesen Disziplinen insgesamt weniger auf Geschindigkeitsmaximierung ankommt etc.
Die Drehfreudigkeit, die einem Freestyleboard zugeschrieben wird, ergibt sich vor allem aus einer relativ geringen Gesamtlänge dieser Boards, sowie der Form des Unterbodens (base shape) und eventuell dem Kantenschliff. Diese Drehfreudigkeit hat aber nichts mit dem Kurvenfahren oder dem Schwung beim Richtungswechsel zu tun. Hierbei ist vor allem die Rotationsfähigkeit um die mittlere Vertikalachse des Boards und die Fähigkeit zum Gleiten (rutschen) und Driften (anteiliges seitliches gleiten durch Fliehkraft) oder sliden (seitliches Gleiten in Fahrtrichtung) ohne dabei zu verkanten gemeint. Der Begriff "aufkanten" beschreibt meist das bremsen mit Hilfe der bergseitigen Kante quer zur Fahrtrichtung und das "verkanten" eine ungewollte oder fehlerhaft Kantenlage.
Ich habe hiermit versucht die Begriffe carving, kantefahren und driften in ihren Extremen voneinander abzugrenzen und zu erklären. Natürlich kann man das nicht wirklich verallgemeinern und sicher bestehen in der Praxis fließende Übergänge zwischen den beschriebenen Techniken, sowie den speziellen Materialeigenschaften und ... ... eigentlich wollte ich ja immer eine Abhandlung über die die Klassifizierung und theoretischen Prinzipien abstrakter Kunst verfassen (weil ich einfach nicht malen kann). Jetzt bin ich halt irgendwie hier im Forum hängen geblieben ... vielleicht hilft’s trotzdem (nicht nur mir)