Hallo, nachdem ich hier in einem anderen Thread eine Kaufberatung erhalten habe, entschied ich mich dazu, ein Custom-Board aus den USA zu bestellen: das Knapton Twin von Donek. Ihr habt einen etwas ausführlicheren Bericht gewünscht, daher fasse ich meine Erfahrung hier in einem eigenen Thread nochmal gerne zusammen
Was ich mir wünschte:
Ein True Twin Board, jedoch hauptsächlich für die Piste, daher mit maximalen Carving-Eigenschaften, hohem Kantenhalt, schnellem Belag und Camber-Profil; aufgrund meiner Schuhgröße 45 sollte es außerdem extra-breit sein, um trotz Duckstance das "booting out" zu vermeiden.
Die Wahl fiel nach einiger Recherche im Internet auf Donek, da ich dazu einerseits bereits durchwegs positive Erfahrungsberichte gefunden hatte, andererseits der Preis deutlich unterhalb weiterer Custom-Anbieter in Europa lag, die ich mir angesehen habe. Bei den meisten brauchte man unter 2000€ gar nicht zu suchen beginnen.
Okay, zunächst zum Kundenservice:
Sean Martin, Gründer von Donek, hielt von Anfang an freundlichen E-Mail-Kontakt zu mir und bot einen super Service. Er beantwortete mir alle Rückfragen (z.B. was die genaue Abwicklung oder den Belag angeht, usw.) und hat sich um eine besonders schnelle Produktion bemüht, so dass ich das Board noch rechtzeitig vor meinem nächsten geplanten Boarding-Urlaub erhielt. Alleine aus diesem Grund werde ich dort gerne wieder bestellen und kann es jedem empfehlen
Preis:
$ 865,- (= 708€ inkl. Versand, Aufpreis für Extrabreite sowie Heißwachs-Auftragung)
Anfertigung:
Das Board wurde unglaublich schnell gebaut, nach bereits 3 Tagen (davon nur 2 Werktage) wurde es gepresst, was der letzte Schritt im Anfertigungsprozess ist. Jeden Tag erhielt ich eine automatisierte E-Mail mit einem kleinen YouTube-Video, in welchem gezeigt wurde, welche Schritte am jeweiligen Tag durchgeführt wurden (z.B. "Heute wurde der Kern gebaut." oder "Heute wurde dein Belag fertiggestellt.").
Versand:
Der Versand über FedEx kostet nach Europa $ 85,- (ca. 70 €) und benötigte in meinem Fall (nach Österreich) 5 Tage. Über die Tracking-Nummer ist man jederzeit über den aktuellen Standort des Pakets informiert. Das Board kommt in einer dünnen Plastikfolie eingeschweißt, darüber ein "hauteng" anliegender Versandkarton. Leider keine Hülle, die man weiterhin für Urlaube verwenden könnte.
Zusammengefasst bedeutet das, ich hielt das Board bereits 8 Tage nach der Bestellung in den Händen!!! Unglaublich... Auf der Website werden jedenfalls 8-10 Werktage für die Anfertigung sowie 3 Werktage für den Versand angegeben.
Specs:
True Twin
Reference Stance: 59 cm (Abstand zwischen den Bindungs-Inserts ist individuell wählbar)
Härte/Flex: vom Chef auf meine Körpergröße und mein Gewicht abgestimmt, für mich recht hart
Länge: 160 cm
Breite: 300 mm Waist ($ 75,- Aufpreis für Waist wider than 28 cm) Nose/Tail breiteste Stelle: 353 mm
Radius: 8 m (! auf 160 cm sehr kleiner Radius) hab ich mir so gewünscht
Profil: Traditional Camber
Belag: Durasurf 4001 (sintered)
Gewicht: 3,88 kg (ohne Bindung)
Design:
Topsheet-Grafik ist frei wählbar aus 24 Vorlagen (ohne Aufpreis). Auch individuelle Designs sind gegen Aufpreis möglich. Für die Base-Grafik gibt es nur 7 Vorlagen, alle sehr schlicht/minimalistisch. Gegen einen Aufpreis kann auch der Belag individuell gestaltet werden, allerdings ist es nicht umsetzbar, eine der Topsheet-Grafiken auf den Belag zu drucken (das hatte ich per E-Mail angefragt).
Ich habe mich für den Holzbrett-Look entschieden Die Oberfläche ist matt und dürfte daher langfristig kratzresistenter gegenüber Schistöcken sein als glänzende Toplayers.
Bindung:
Für dieses Board habe ich mir eine Burton Mission 2018 Bindung besorgt, da sie zuverlässig und relativ hart sein soll. Wie sich verschiedene Bindungen beim selben Board aufs Boarden auswirken, damit habe ich leider keine Erfahrung, kann daher zur Bindung nicht viel sagen.
Centered Stance, für mich etwas mehr als Schulterbreit (59 cm), Winkel 18°/-18° bis 21°/-21°
Testbericht:
Kurz gesagt, das Board erfüllt sämtliche Erwartungen!
Die Verarbeitungsqualität wirkt sehr hochwertig, ich konnte keine Mängel und auch keinen Unterschied zu Boards aus Serienproduktionen erkennen. Die Kanten kommen natürlich frisch geschliffen und sind so scharf, dass sie eine Schicht vom Fingernagel abschaben, wenn man ihn drüber zieht. Nach 3 Boarding-Tagen ist mir aufgefallen, dass sich die oberste Schicht an 2 Stellen leicht ablöst (siehe Bilder) – ich denke, das passiert durch Kollisionen mit anderen Schi in den Lift-Schlangen (?) und gehe davon aus bzw. hoffe, dass sich dies nur rein optisch auswirkt.
Der Kantenhalt ist enorm, ich schätze das liegt auch an der Länge von 160 cm im Verhältnis zu meiner Körpergröße (176 cm). Der Verhältnismäßig enge Radius von 8 m macht mir super Spaß. Das Board kommt standardmäßig mit einem Base Bevel von 1° und Side Bevel von 2°
Die Breite von 300 mm dürfte recht optimal für meine Schuhgröße passen (Länge meiner Boot-Sohlen: ca. 30-32 cm, die Sohlen sind vorne und hinten aufgebogen). Das Board ist optisch auffällig breit, vor allem eine vergleichbar breite Nose und Tail findet man wohl kaum auf der Piste. Die Schutzhauben am Lift passen gerade noch drüber. Beim Boarden selbst konnte ich allerdings durch die breite Waist keine negativen Auswirkungen feststellen! Es fühlt sich auch nicht wirklich ungewohnt an, da wirken sich die Länge des Boards und die höhere Steifheit wohl deutlich mehr aufs neue Fahrverhalten aus. Ein Ausheben des Boards durch zu starkes Aufstellen (boot out) habe ich bisher noch nicht geschafft.
Fahrverhalten allgemein:
Ich habe gleich ab Werk eine erste Heißwachs-Auftragung mitbestellt, ansonsten wird dies vor der ersten Fahrt empfohlen. Es gleitet sehr schnell und leicht.
Ich merke, dass ich gleich am ersten Tag deutlich anders fahre, mich nämlich um einiges aggressiver in die Kurven lege und mehr Druck aufbaue. Es macht Spaß, wenn man sich wirklich auf die Kante verlassen kann. Die neue Fahrweise ist deutlich anstrengender, aber natürlich kann ich auch weiterhin locker und gemütlich / entspannend fahren. Mit Verkanten oder generell drehen und switchen des Boards während der Fahrt hatte ich überhaupt keine Probleme. Das Board ist auf der Piste sehr gut zu beherrschen, es wirkt fast etwas verspielt. Ich nehme an, das liegt einerseits am kleinen Radius, der auch bei niedrigen Geschwindigkeiten schönes Carven zulässt, aber andererseits auch daran, dass ich jetzt besonders viele Knapton YouTube-Videos gesehen habe und daher viel mit Butter-Tricks beschäftigt bin Das macht jedenfalls mit meinem neuen Board viel Spaß.
Laufruhe: Bei hohen Geschwindigkeiten kommt mir das Board etwas unruhig vor (kann aber auch an den schlechten Pistenverhältnissen meiner ersten Testtage liegen), mir macht jedenfalls das langsamere Carven auf flacheren Pisten jetzt mehr Spaß als Geschwindigkeitsrausch am Limit, im Gegensatz zu meinem alten Board, mit dem ich überall runtergefetzt bin. Das Abbremsen bei sehr hoher Geschwindigkeit (Notbremsung) fühlt sich auf Grund der scharfen, langen Kanten etwas gefährlicher an, als bei meinem alten Board, man gewöhnt sich aber sehr schnell daran.
Eigenschaften abseits der Piste: kann ich leider nicht beurteilen. Da ich bisher nur äußerst selten das Glück hatte, wirklich schönen, tiefen, unbefahrenen Powder abseits der Pisten zu erleben, wollte ich ein Board rein für die Piste. Ich denke, dass es aufgrund seiner Breite sicher gut schwimmt, allerdings wäre dann ein nach Hinten versetzter Stance und generell eine Directional Bauweise (z.B. Powder Camber) und höhere Nose von Vorteil. Es gibt auch die Möglichkeit, zusätzliche Inserts (Schraubenlöcher) einbauen zu lassen, so dass man an Tiefschneetagen die Bindung weiter nach hinten schrauben kann. Laut Knapton funktioniert das überraschend gut.
Bilder:
die Bindung ist auf allen Bildern um einen Schritt Richtung Backside versetzt
hier sieht man deutlich den Breiten-Unterschied der Nose im Vergleich zu zwei klassischen Freeride-Boards mit 152 cm (weiß) und 162 cm (schwarz)
erste optische Mängel nach 3 Tagen (Achtung, stark vergrößert! fällt tatsächlich kaum auf)